Existiert eine arbeitsvertragliche Pflicht zur Kenntnisnahme von Weisungen in der Freizeit, gibt es für Arbeitnehmer kein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit nach Feierabend. Bildquelle: Ali-Akber Plabon / pixabay.com

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden: Existiert eine arbeitsvertragliche Pflicht zur Kenntnisnahme von Weisungen in der Freizeit, gibt es für Arbeitnehmer kein absolutes Recht auf Unerreichbarkeit nach Feierabend. 

„Eine absolut richtige Entscheidung, die sich aber nicht verallgemeinern lässt: Im Regelfall gibt es durchaus ein Recht auf Unerreichbarkeit in der Freizeit. Ausnahmen gibt es jedoch immer“, bewertet Gerhard Kronisch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, die Entscheidung. Im konkreten Fall ging es um einen als Rettungssanitäter beschäftigten Arbeitnehmer, der im Schichtmodell tätig war. Unter anderem sah die Verpflichtung vor, kurzfristige Konkretisierungen hinsichtlich Einsatzort und Uhrzeit zu befolgen. Da der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer an einem Tag telefonisch nicht erreichen konnte, um ihm die Schichteinteilung für den kommenden Tag mitzuteilen, sandte er ihm eine SMS innerhalb der betrieblich geregelten Frist. Arbeitsbeginn wäre am kommenden Tag…

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Gemäß EuGH-Urteil dürfen Teilzeitbeschäftigte bei Überstundenzuschlägen nicht benachteiligt werden - hier im Fall eines in Teilzeit beschäftigten Piloten. Bildquelle: StockSnap / pixabay.com

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: Eine einheitliche Überstundengrenze für Teil- und Vollzeitbeschäftigte stellt eine unzulässige Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten dar. Eine solche Regelung benachteilige Teilzeitkräfte, weil diese in Relation zu ihrer vertraglichen Sollarbeitszeit mehr Stunden leisten müssten, um die Vergütung für geleistete Mehrarbeit als Lohnerhöhung pro Stunde zu bekommen.

Im konkreten Fall hatte ein in Teilzeit beschäftigter Pilot dagegen geklagt, dass sein Arbeitgeber gemäß einschlägigem Tarifvertrag den Beschäftigten bei Überschreitung einer bestimmten Zahl von im Monat geleisteten Flugdienststunden eine „Mehrflugdienststundenvergütung“ gewährte und die dafür maßgebliche Stundengrenze einheitlich für Arbeitnehmer in Voll- und Teilzeit galt. Nach seiner Auffassung waren die tariflichen Bestimmungen unwirksam, weil sie Teilzeitbeschäftigte ohne sachlichen Grund schlechter behandelten als Beschäftigte in Vollzeit. Die Stundengrenzen für die…

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Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Bestimmte Äußerungen in einer privaten Chatgruppe können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Bildquelle: thank you for / pixabay.com

Einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zufolge kann eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auch aufgrund sexistischer, stark beleidigender und zu Gewalt aufstachelnder Nachrichten über Vorgesetzte in einer privaten Chatgruppe erfolgen. Nur in Ausnahmefällen können sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf die Vertraulichkeit eines Chats berufen.

Im konkreten Fall bestand seit 2014 eine Chatgruppe mit sechs Kollegen, zu der im Jahr 2020 ein ehemaliger Kollege eingeladen wurde. Neben privaten Themen wurde vorrangig von einem Arbeitnehmer in menschenverachtender Weise über Kollegen und Vorgesetzte in der Chatgruppe hergezogen. Der Arbeitgeber erhielt Kenntnis davon und kündigte das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers außerordentlich fristlos. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage und bekam vom Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen recht. Die Äußerungen seien zwar für eine fristlose Kündigung geeignet, waren jedoch Bestandteil einer vertraulichen…

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Können Arbeitnehmer laut Betriebsvereinbarung individuelle Vereinbarungen über mobiles Arbeiten mit ihrem Vorgesetzten treffen, ist eine allgemeine Weisung des Arbeitgebers bzgl. der Anwesenheit im Office mitbestimmungspflichtig. Bildquelle: Peggy und Marco Lachmann-Anke / pixabay.com

Das Landesarbeitsgericht (LAG) München hat entschieden: Sieht eine Betriebsvereinbarung vor, dass Arbeitnehmer individuelle Vereinbarungen über mobiles Arbeiten in Abstimmung mit ihrem Vorgesetzten treffen können, ohne das „Wie“ der mobilen Arbeit zu regeln, ist eine allgemeine Weisung des Arbeitgebers, wonach eine Anwesenheit an vier Tagen pro Monat geboten ist, mitbestimmungspflichtig.

Im konkreten Fall gab es eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit. Sie eröffnete die Möglichkeit individueller Vereinbarungen über mobiles Arbeiten in Abstimmung mit dem Vorgesetzten. Der überwiegende Anteil der Arbeitszeit sollte aber am regelmäßigen Arbeitsplatz geleistet werden.

Während der Coronapandemie wurde die mobile Arbeit ausgeweitet. Im weiteren Verlauf der Pandemie wurde empfohlen, möglichst nicht im Büro zu erscheinen.

Diese Regelung änderte sich im März 2022. „Auf Grundlage des Freiwilligenprinzips“ wurde die Möglichkeit angeboten, dass jeder Mitarbeiter selbst entscheidet, ob er…

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Wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft, dass Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers erloschen sind, weil der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankt oder erwerbsgemindert war, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Bildquelle: MasterTux / pixabay.com

Das Landesgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden: Der Arbeitgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast, wenn er sich darauf beruft, dass Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers erloschen sind, weil der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankt oder erwerbsgemindert war.

Im konkreten Fall war der betreffende Arbeitnehmer seit 1998 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt, seit Oktober 2006 aber dauerhaft arbeitsunfähig. Dadurch erhielt er mehrfach eine befristete Erwerbsminderungsrenten, ab Juni 2019 eine Dauerrente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Ende September 2026. Der Arbeitnehmer übersandte seinem Arbeitgeber den Rentenbescheid und wies auf die damit verbundene Beendigung des Arbeitsverhältnisses hin. Zudem verlangte er, dass die ihm noch zustehenden Urlaubstage seit dem Jahr 2006 abgegolten werden. Der Arbeitgeber wollte aber nur die Urlaubsabgeltung von 2018 und 2019 zahlen.

Daher klagte der Arbeitnehmer vor dem…

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